Am 14. April war der Philosoph Richard David Precht in der ZDF Talkshow von Markus Lanz, neben Malu Dreyer (Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz), Prof. Jonas Schmidt-Chanasit (Virologe) und Christiane Woopen (Medizinethikerin), zu Gast. Dort führte er aus, warum er die derzeitige Krise als offenes Fenster für eine nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft sieht.
Das Corona Virus stuft er im Vergleich zum Klimawandel als weitaus weniger gefährlich ein, in die Vor-Corona-Ära möchte er auch nicht mehr zurück. Er bezeichnet beispielgebend schweröl-angetriebene Kreuzfahrtschiffe als Viren-Hotspots und zählt diese nicht zu jenen Errungenschaften, die sich in der Post-Corona Ära großer Nachfrage erfreuen werden. Er verortet das Fenster in Alternativen zu denken jetzt als offen.
Richard David Precht wurde für seine Ausführungen unter anderem von Zeitungen der Funke Mediengruppe scharf kritisiert: „Er verkenne die Schwere der Situation und romantisiere den Zauber des Anfangs.“
Meiner Meinung nach zu Unrecht: Richard David Precht wurde in seiner Rolle als zeitreisender Philosoph in die Talkshow geladen. Wer seine Bestseller über die Geschichte der Philosophie gelesen hat, weiß dass er meisterlich Parallelen aus der fernen und nahen Vergangenheit zu den gegenwärtigen und künftigen Sozial- und Wirtschaftspolitiken ziehen kann. Und dieser Rolle wurde er, wie nicht anders zu erwarten, mehr als gerecht. Seine Ausführungen stimmten mich in der ganzen Lockdown-Debatte hoffnungsfroh und zuversichtlich. Warum?
- Weil er die Zivilgesellschaft nicht zum unaufgeklärten autistischen Herdentier degradiert, der jegliche Verantwortung und Orientierung abhanden gekommen ist. Wir erleben gerade, dass wenn Menschen den Ernst der Lage verstehen, auch Einschränkungen akzeptieren.
- Weil er PolitikerInnen auffordert, jetzt über längst überfällige Verbote gegen die Zerstörung der Natur und zugunsten des 1,5 Grad Zieles sowie Schutz und Erhalt Biodiversität nachzudenken.
- Und weil er uns darauf aufmerksam macht, dass wir in einer drei Grad Ära mit weitaus weniger Freiheit und Demokratie auskommen werden müssen. Einen bitteren Vorgeschmack darauf haben wir in den letzten Wochen durch (notwendige) last-minute Gesetze und Verordnungen, fehlende Peer-Reviews, mangelnde Interdisziplinarität, digitale Überwachungsphantasien (…) am eigenen Leib erfahren. Von Romantisierung und Zauber des Anfangs war Richard David Precht meilenwert entfernt.
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